Behandlung
Übersicht
Derzeit gibt es in Europa keine zugelassenen Behandlungen für Desmoid-Tumoren. Es gibt einen hohen unerfüllten Bedarf für Behandlungen, die Desmoid-Tumoren spezifisch therapieren und die Lebensqualität verbessern können.1
Es ist wichtig, dass Patienten durch ein multidisziplinäres Team mit Fachkompetenz und Erfahrung im Bereich Sarkome untersucht werden, um ein optimales Management zu gewährleisten.1
Empfehlungen zum Management und zur Behandlung von Desmoid-Tumoren
Active Surveillance
Aktive Behandlung
Die Auswahl einer aktiven Behandlung kann von der Tumorlokalisation, den Symptomen und dem Risiko gesundheitlicher Beeinträchtigungen abhängen.1Systemische Therapie
- Chemotherapie mit geringer Strahlendosis, konventionelle Chemotherapie, Tyrosin-Kinase-Inhibitoren und Gamma-Sekretase-Inhibitor1
Chirurgischer Eingriff
- Grundsätzlich nicht mehr die bevorzugte primäre Behandlungsmethode3
- Ein chirurgischer Eingriff kann in Situationen mit günstiger funktionaler Prognose sinnvoll sein2
Strahlentherapie und lokoregionäre Therapie
- Eine Strahlentherapie wird allein oder nach einem chirurgischen Eingriff durchgeführt1
- Ein lokoregionäre Therapie umfasst die Radiofrequenzablation und die Kryoablation1
Progressionserkennung
Die Erkennung der Desmoid-Tumorprogression kann zur rechtzeitigen Einleitung einer angemessenen Behandlung führen.
- Um die Patientenoutcomes zu verbessern, sollten medizinische Fachkräfte eine Progression möglichst früh anhand mindestens eines der folgenden Kriterien beurteilen:
- Schmerz kann ein prognostischer Indikator für ein Fortschreiten der Erkrankung sein5 und mit einem schlechteren Krankheitsverlauf einhergehen6
- Bei größeren Tumoren kann ein größeres Risiko für ein Fortschreiten der Erkrankung bestehen2,7
Die Behandlungsziele sollten die klinischen Marker und patientenrelevante Endpunkte berücksichtigen1
Active Surveillance (auch bekannt als „Watchful Waiting“)
- Eine Empfehlung, die sowohl in den Leitlinien der Desmoid Tumor Working Group (DTWG*) als auch des National Comprehensive Cancer Network® (NCCN®) als bevorzugter Ansatz für das Management von asymptomatischen oder leicht symptomatischen Tumoren ohne Tumorprogression oder krankheitsbedingte Beeinträchtigungen vertreten wird1
- Wenn das Tumorwachstum weiter fortschreitet, die Symptome zunehmen oder ein höheres Risiko für krankheitsbedingte Beeinträchtigungen besteht, richten sich die empfohlenen Behandlungsoptionen nach der anatomischen Lokalisation des Tumors und den potenziellen gesundheitlichen Auswirkungen.1

Aktive Behandlung
In Anbetracht der Biologie und des unvorhersehbaren Krankheitsverlaufs sind aktive Behandlungen nur im Falle einer anhaltenden Tumorprogression in Erwägung zu ziehen2
Die Entscheidung für eine aktive Behandlung sollte bis zum Auftreten einer weiteren Tumorprogression oder einer Zunahme der Symptombelastung hinausgezögert werden, die durch mindestens zwei zusätzliche Untersuchungen abgeklärt werden, und bei Nichterfüllung der RECIST-Kriterien (Response Evaluation Criteria in Solid Tumors) für ein Fortschreiten der Erkrankung nach Möglichkeit erst ein Jahr nach der Diagnose erfolgen. Diese Richtlinie verhindert ausdrücklich eine Überbehandlung von Patienten mit Tumoren, die sich spontan zurückbilden könnten, und rät von einer Behandlung von stabilen und wenig symptomatischen Patienten ab.2
Patienten mit einem rezidivierenden Desmoid-Tumor sollten bei Symptomen oder einer kontinuierlichen Progression oder bei anatomischen Stellen, an denen eine weitere Progression zu einer erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigung führen oder lebensbedrohlich sein könnte, für eine aktive Behandlung in Erwägung gezogen werden.2
Eine sorgfältige Auswahl der Management-Strategie ist unverzichtbar für eine optimale Tumorkontrolle und Verbesserung der Lebensqualität. Diese richtet sich nach dem jeweiligen klinischen Szenario und sollte in einem multidisziplinären Team erörtert werden.3
Bauchwand
Intraabdominal / retroperitoneal / Beckenbereich
- Im Falle eines sporadischen mesenterialen Desmoid-Tumors mit Komplikationen wie z. B. Blutung, Verschluss oder Perforation, ist ein chirurgischer Eingriff von entscheidender Bedeutung; das chirurgische Behandlungsziel in diesem Szenario besteht jedoch nicht im Bestreben oder Erreichen einer R0-Resektion, da diese mit einer erheblichen und nicht notwendigen gesundheitlichen Beeinträchtigung einhergehen kann3
- Im Falle einer Progression trotz medizinischer Behandlung oder Active Surveillance kann bei einem nicht mesenterialen Desmoid-Tumor ein chirurgischer Eingriff im multidisziplinären Team erörtert werden, wenn bei einer Resektion die Morbidität begrenzt ist (z. B. Bauchwand). Gleiches gilt, wenn im Falle eines sporadischen mesenterialen Desmoid-Tumors eine weitere Progression oder eine Resterkrankung nach Abschluss der Therapie in Darmkomplikationen resultieren würde.3
Extremitäten / Beckengürtel / Brustwand
- Die Erstbehandlung sollte je nach klinischem Szenario lokale Ablationsverfahren (ohne chirurgischen Eingriff) oder eine medikamentöse Therapie umfassen3
- Ein chirurgischer Eingriff, eine Strahlentherapie und eine isolierte Extremitätenperfusion (ILP) kann Bestandteil der weiteren Behandlungsstrategie sein3
Kopf und Nacken / intrathorakal
- Eine medikamentöse Therapie gilt allgemein als Erstlinienoption3
- Zu den weiteren Behandlungsmöglichkeiten zählen chirurgische Eingriffe, Strahlentherapie oder lokale Ablationsverfahren3
Die NCCN-Leitlinien empfehlen bei bestimmten Patienten außerdem eine Ablation/Embolisation sowie eine definitive Strahlentherapie als Erstbehandlungsoptionen für progressive, morbide oder symptomatische Desmoid-Tumoren.4
- Chemotherapie mit geringer Strahlendosis
- Konventionelle Chemotherapie
- Tyrosinkinase-Inhibitoren (Sorafenib, Imatinib, Pazopanib, Sunitinib)
- Gamma-Sekretase-Inhibitor
Ein chirurgischer Eingriff ist grundsätzlich nicht mehr die bevorzugte primäre Behandlungsmethode.3
Es hat einen Paradigmenwechsel hin zu Active Surveillance als derzeit empfohlene Primärbehandlung für asymptomatische Desmoid-Tumoren gegeben.3
Dessen ungeachtet gibt es einige wenige Szenarien, in denen eine chirurgische Resektion in das multidisziplinäre Desmoid-Tumor-Management miteinbezogen werden kann.3
Nach einer chirurgischen Behandlung von Desmoid-Tumoren ist ein erneutes Auftreten häufig1
- Die Invasion wichtiger Gefäße und Nerven und die Resektionsränder sind maßgebliche Faktoren für die hohe postoperative Rezidivrate8
- Unglücklicherweise sind die Rezidivraten selbst bei tumorfreien Resektionsrändern hoch9
Bruttotumorprobe nach der Resektion mit sichtbaren invasiven Ranken9
Bruttotumorprobe nach der Resektion mit unklaren Rändern (Pfeile)10
- Falls eine Resektion bei einem erneuten Auftreten technisch anspruchsvoll wäre und mit einer erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigung einhergehen würde, kann ebenfalls eine Strahlentherapie in Betracht gezogen werden1
- Eine begleitende Strahlentherapie kann bei einem chirurgischen Eingriff mit positiven Erfolgsaussichten für Desmoid-Tumoren an der Bauchwand und für extraabdominale Desmoid-Tumoren in Erwägung gezogen werden1
- Lokoregionäre Behandlungen wie z. B. eine Kryoablation werden für die Behandlung von extraabdominalen Desmoid-Tumoren mit kleiner oder moderater Größe verwendet1
Referenzen
- Bektas M et al. Desmoid tumors: a comprehensive review. Adv Ther. 2023;40(9):3697-3722.
- Kasper B et al. Desmoid Tumor Working Group. Current management of desmoid tumors: a review. [ergänzender Anhang] JAMA Oncol. 2024;10(8):1121-1128.
- Kasper B et al. Desmoid Tumor Working Group. Current management of desmoid tumors: a review. JAMA Oncol. 2024;10(8):1121-1128.
- Referenziert mit der Genehmigung von NCCN Clinical Practice Guidelines in Oncology (NCCN Guidelines®) for Soft Tissue Sarcoma V.1.2024. © National Comprehensive Cancer Network, Inc. 2024. Alle Rechte vorbehalten. Abgerufen am 29. April 2024. Die aktuelle und vollständige Fassung der Leitlinie ist online unter NCCN.org zu finden. NCCN übernimmt keine Garantien jeglicher Art in Bezug auf die jeweiligen Inhalte, die Verwendung oder die Anwendung und lehnt jegliche Verantwortung für die jeweilige Anwendung oder Verwendung ab.
- Cuomo P et al. Extra-abdominal desmoid tumor fibromatosis: a multicenter EMSOS study. BMC Cancer. 2021;21(1):437.
- Penel N et al. Pain in desmoid-type fibromatosis: prevalence, determinants and prognosis value. Int J Cancer. 2023;153(2):407-416.
- Gronchi A et al. Desmoid Tumor Working Group. The management of desmoid tumours: a joint global consensus-based guideline approach for adult and paediatric patients. Eur J Cancer. 2020;127:96-107.
- Wang YF et al. Postoperative recurrence of desmoid tumors: clinical and pathological perspectives. World J Surg Oncol. 2015;13:26.
- Easter DW et al. Recent trends in the management of desmoid tumors. Summary of 19 cases and review of the literature. Ann Surg. 1989;210(6):765-769.