Diagnose
Empfohlene Leitlinien
Die Zusammenarbeit mit Spezialisten kann zu besseren Prognosen und zu einer besseren Lebensqualität von Patientinnen und Patienten führen1,2
DTWG-Leitlinien†*
„Eine Überweisung an erfahrene multidisziplinäre Teams wird zum Zeitpunkt der Erstdiagnose empfohlen, um eine optimale Beratung zur Sicherheit einer anfänglichen Beobachtungsstrategie zu erhalten.3“
„Das Management von Desmoid-Tumoren ist komplex und
sollte ausschließlich in ausgewiesenen Desmoid-Tumor-Referenzzentren mit multidisziplinärem Tumorpersonal durchgeführt werden.*4“
ESMO Weichgewebe und viszerale Sarkome: ESMO-EURACAN-GENTURIS-Leitlinien für die klinische Praxis
NCCN-Leitlinien
Differenzialdiagnosen
Eine rechtzeitige und richtige Diagnosestellung ist nach wie vor eine Herausforderung7
- 30–40 % der Desmoid-Tumor-Fälle wurden laut einer histologischen Analyse falsch diagnostiziert7
- Häufige Differenzialdiagnosen umfassen sowohl benigne als auch maligne fibroblastische/myofibroblastische
Proliferationen, einschließlich:8
- Narbenhypertrophie
- Keloide und noduläre Fasziitis
- Niedriggradiges Fibromyxoid-Sarkom
- Niedriggradiges myofibroblastisches Sarkom
- Auch Nervenscheidetumoren wie z. B. Schwannome, Neurofirbome, Perineuriome und Tumoren der glatten Muskulatur wie Leiomyome können in die Differenzialdiagnostik einfließen8
- Das niedriggradige Fibromyxoid-Sarkom stellt die größte Herausforderung für die Differenzialdiagnose dar, da es eine signifikante morphologische Überschneidung mit Desmoid-Tumoren aufweisen kann8
- Eine weitere wichtige Differenzialdiagnose in Bezug auf intraabdominale Desmoid-Tumoren ist ein gastrointestinaler Stromatumor (GIST), da in manchen Desmoid-Tumor-Fällen eine schwache und fokale KIT-Expression stattfindet8
Diagnosestrategien
Für die Diagnose ist eine Prüfung der Anamnese und eine körperliche Untersuchung, bildgebende Verfahren und eine Biopsie sowie eine histopathologische Evaluation erforderlich7
Bildgebende Verfahren
Eine Ultraschalluntersuchung kann für die erstmalige Bildgebung verwendet werden, falls jedoch ein Verdacht auf ein Weichgewebesarkom (STS) besteht, sollte eine Computertomografie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT) folgen.5
Bei primären Weichgewebstumoren ist die MRT das wesentliche bildgebende Verfahren in den Extremitäten, dem Beckenbereich und dem Rumpf.5
Standard-Röntgenaufnahmen können hilfreich sein, um einen Knochentumor auszuschließen, um eine Knochenerosion mit Frakturrisiko zu detektieren und um Aufschluss über Verkalkungen zu geben5
Eine CT kann eine Myositis ossificans in verkalkten Läsionen ausschließen und kommt bei pleuropulmonalen Sarkomen und retroperitonealen Sarkomen (RPSs) zum Einsatz, bei denen die Leistung identisch zu einem MRT ist.5
Hochrisikofaktoren sind mittels Biopsie zu verifizieren:9
- Kürzliche Vergrößerung
- Tiefe Lage relativ zur Faszie
- Größe >4 cm
- Durch Bildgebung erkennbare invasive Wachstumsmuster
Kernnadelbiopsie und nukleäre β-Catenin-Markierung
Nach einer angemessenen Untersuchung mittels bildgebender Verfahren besteht die Standardvorgehensweise für die Diagnose aus mehreren Kernnadelbiopsien, ggf. unter Verwendung von 14-16 G Nadeln.5
Eine Exzisionsbiopsie kann sich bei oberflächlichen Läsionen <3 cm als die praktischste Option erweisen. In bestimmten Fällen kann sich nach Entscheidung in den Referenzzentren auch eine offene Biopsie anbieten.5
Eine Biopsie kann den Malignitätsgrad des Tumors unterschätzen. Daher kann eine radiologische Bildgebung [einschließlich [18F]-2-Fluor-2-Desoxy-D-Glucose-Positronen-Emissions-Tomografie/CT (FDG-PET/CT)] zusätzlich zur Pathologie hilfreich sein, falls eine präoperative Behandlung in Frage kommt, um Informationen für die Einschätzung des Malignitätsgrads zu erhalten.5
Eine histopathologische Untersuchung und Immunmarkierung für β-Catenin sind wichtige Instrumente für die Desmoid-Tumordiagnose.10
In der DTWG-Leitlinie wird die nukleäre Positivität für β-Catenin als das zentrale immunophänotypische Merkmal für Desmoid-Tumoren erkannt.8
In 80 % bis 98 % der sporadischen Desmoid-Tumor-Fälle und in 60 % bis 70 % der mit FAP (familiäre adenomatöse Polyposis) assoziierten Desmoid-Tumor-Fälle wurde eine nukleäre Positivität für β-Catenin verzeichnet.8
Gentest
Da sich CTNNB1-Mutationen und APC-Mutationen in Desmoid-Tumoren gegenseitig ausschließen, kann die Erkennung einer somatischen CTNNB1-Mutation zum Ausschließen eines syndromalen Krankheitsbilds beitragen. Eine CTNNB1 im Wildtypstatus in Desmoid-Tumoren, insbesondere bei einem intraabdominalen Tumor, sollte wiederum auf eine potenzielle FAP aufmerksam machen und eine eingehendere klinische Diagnose nach sich ziehen (z. B. Darmspiegelung oder Keimbahntestung).8
Daher wird in der DTWG Consensus Guideline die Durchführung einer Mutationsanalyse an Desmoid-Tumor-Biopsieproben empfohlen, um die Diagnose zu bestätigen und geeignete weitere Maßnahmen zu ergreifen.8
- 85 % bis 90 % der Desmoid-Tumoren sind sporadisch und meistens mit aktivierenden Mutationen des β-Catenin-Gens CTNNB1 assoziiert11
- 10 % bis 15 % der Desmoid-Tumoren sind im Kontext von FAP syndromisch und mit inaktivierenden Keimbahn-Mutationen in APC assoziiert.11
APC: Adenomatöse-Polyposis-coli-Gen; CT: Computertomografie; CTNNB1: Catenin-β1-Gen; FAP: familiäre adenomatöse Polyposis; DTWG: Desmoid Tumor Working Group; ESMO: European Society for Medical Oncology; FDG-PET/CT: [18F]-2-Fluor-2-Desoxy-D-Glucose-Positronen-Emissions-Tomografie/CT; GIST: gastrointestinaler Stromatumor; KIT: Proto-Onkogen, Rezeptortyrosinkinase-Onkogen; MRT: Magnetresonanztomographie; NCCN: National Comprehensive Cancer Network; RPS: retroperitoneales Sarkom; STS: Weichgewebesarkom.
Referenzen
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- Joglekar SB et al. Current perspectives on desmoid tumors: the Mayo Clinic approach. Cancers (Basel). 2011;3(3):3143-3155.
- Gronchi A et al. Desmoid Tumor Working Group. The management of desmoid tumours: a joint global consensus-based guideline approach for adult and paediatric patients. Eur J Cancer. 2020;127:96-107.
- Kasper B et al. Desmoid Tumor Working Group. Current management of desmoid tumors: a review. JAMA Oncol. 2024; 10(8):1121-1128.
- Gronchi A et al. ESMO Guidelines Committee, EURACAN and GENTURIS. Soft tissue and visceral sarcomas: ESMO-EURACAN-GENTURIS Clinical Practice Guidelines for diagnosis, treatment and follow-up. Ann Oncol. 2021;32(11):1348-1365.
- Referenziert mit der Genehmigung von NCCN Clinical Practice Guidelines in Oncology (NCCN Guidelines®) for Soft Tissue Sarcoma V.1.2024. © National Comprehensive Cancer Network, Inc. 2024. Alle Rechte vorbehalten. Abgerufen am 29. April 2024. Die aktuelle und vollständige Fassung der Leitlinie ist online unter NCCN.org zu finden. NCCN übernimmt keine Garantien jeglicher Art in Bezug auf die jeweiligen Inhalte, die Verwendung oder die Anwendung und lehnt jegliche Verantwortung für die jeweilige Anwendung oder Verwendung ab.
- Bektas M et al. Desmoid tumors: a comprehensive review. Adv Ther. 2023;40(9):3697-3722.
- Kasper B et al. Desmoid Tumor Working Group. Current management of desmoid tumors: a review. [ergänzender Anhang] JAMA Oncol. 2024;10(8):1121-1128.
- Smolle MA et al. Diagnosis and treatment of soft-tissue sarcomas of the extremities and trunk. EFORTOpen Rev. 2017;2(10):421-431.
- Carlson JW et al. Immunohistochemistry for β-catenin in the differential diagnosis of spindle cell lesions: analysis of a series and review of the literature. Histopathology. 2007;51(4):509-514.
- Penel N et al. Adult desmoid tumors: biology, management and ongoing trials. Curr Opin Oncol. 2017;29(4):268-274.